Ehrenamtler sorgen für Lern und Lesespaß

Das M@Z an der Friedrich-Harkort-Schule gäbe es nicht ohne engagierte Eltern und Schüler

Von Dagmar Hornung
Herdecke. Wenn die Schulglocken zur großen Pause läuten, dann ist richtig viel los im Medien- und Arbeitszentrum (M@Z) an der Friedrich-Harkort-Schule. Heute herrscht besonders großer Trubel.
Denn die Eltern, die die moderne Schulbibliothek betreuen, stecken in den Vorbereitungen für ihren Tag der offenen Tür. So sitzen Mutter und Vater beisammen, tüten selbst gebackene Plätzchen ein; hier und da stehen Kisten, etwa mit Geschirr auf dem Boden. An Tischen pauken Abiturienten, vor dem Rechercherechner wartet eine Schlange, und
zwischen den Regalen wuseln jüngere Schüler umher, die nach Lesestoff für die Pausenzeit suchen. Kaum ist der Ansturm etwas
abgeklungen, steht eine sechste Klasse mit Musik-Lehrerin Stefanie Gierke und der neuen Referendarin auf der Matte: Recherchestunde zu Mozart – aus allen Quellen, die das M@Z bereitstellt. „Reine Netzrecherche ist verboten!“, weist Gierke ihre jungen Schüler an. Die verteilen sich in Windeseile mit Arbeitszetteln im Raum.
Mit einem stolzen Lächeln überblickt Andrea Preuten-Schlüter das geordnete Chaos. Denn sie hat es mit aufgebaut – ehrenamtlich. Inzwischen teilt sich ein 45-köpfiges Team, darunter auch acht Schüler, die Aufgaben der Organisation und Aufsicht. Zusammen mit Doris Althaus gehört Preuten-Schlüter sozusagen zu den Ur-Müttern des Medienzentrums, die die Einrichtung begleiten, seit sie ab 2008 die damalige kleine Schulbücherei ablösen sollte. „Als es hieß, dass die Bibliothek umgebaut werden soll, dachte ich: Ja, da bin ich dabei. Inzwischen steckt viel Herzblut darin“, sagt die Mutter, die beispielsweise auch die Regale mit ausgesucht hat. „Das moderne Aussehen ist auf unserem Mist gewachsen.“ Ihre eigenen Kinder sind nicht mehr an der Schule und studieren in anderen Städten. Umso mehr Zeit bleibt der berufstätigen Preuten-Schlüter fürs Ehrenamt. Mit „Heimarbeit“ zusätzlich zu den Schichten im M@Z sei sie zwölf bis 15 Stunden in der Woche tätig.



Der Sohn ist auch schon dabei
Kollegin Sabine Kröbel ist etwas später ins Team gekommen, sieben bis acht Stunden pro Woche dabei, geht ebenfalls nebenher arbeiten und konnte sogar schon ihren Sohn, der in die achte Klasse geht, fürs M@Z begeistern. Zusammen mit zwei Klassenkammeraden wird
der 14-Jährige jetzt eingearbeitet. „Das macht gerade bei den jüngeren
Schülern Sinn“, sagt Sabine Kröbel. Oberstufenschüler seien ja nach
zwei Jahren schon wieder weg. Sie ist vor etwa vier Jahren bei einem
Tag der offenen Tür auf die Einrichtung aufmerksam gemacht worden:
„Mir war sofort klar: Da will ich mitmachen“, erinnert sie sich. Mit ehrenamtlicher Arbeit hatte Frau Kröbel bereits Erfahrung: „Es ist erstaunlich, an was für Ämter man im Laufe seines Lebens kommt“, sagt sie. So habe sie etwa eine Krabbelgruppe geleitet, war im kirchlichen Bereich und in der Jugendarbeit aktiv. Jetzt also widmen die Frauen ihre
Freizeit dem Medien- und Arbeitszentrum, das für die Schüler der
Friedrich-Harkort-Schule jede Menge Angebote zum Lesen und Lernen bereit stellt. Dazu gehört die Medienrecherche zu vorgegebenen Themenbereichen – in Büchern, aber auch an PC Arbeitsplätzen. Wie in jeder anderen Bücherei können die Schüler Literatur vormerken,
reservieren und ausleihen. Darunter auch viele Lernmaterialien zur Prüfungsvorbereitung. „Wir versuchen die Kinder früh für Bücher zu begeistern, und holen sie ab, wo sie ihren Tag verbringen, nämlich in der Schule“, erklärt Andrea Preuten-Schlüter. Lehrer können sich mit ihren Klassen für Recherche-Stunden anmelden oder den Schülern Medienkisten zusammenstellen lassen –beispielsweise zu einem Thema, dass gerade in Geschichte durchgenommen wird. Frei nach dem Motto: „Wenn der Schüler nicht zum Buch kommt, kommt das Buch zu den Schülern.“ Auf Wunsch kauft das Team gewünschte Fachmedien ein; die Mütter und ein Vater informieren sich über Neuerscheinungen und machen Vorschläge, was angeschafft werden könnte. Nicht zuletzt ist die Unterstützung der Schüler vor Ort ein wichtiger Aufgabenbereich. Zu solchen regelmäßigen Arbeiten kommen noch Vorträge
zum Umgang mit Quellen oder Leseveranstaltungen wie die Jugendbuch AG hinzu. Das alles diene zum einen dazu, den Zugang zur Literatur zu erleichtern und Hemmschwellen abzubauen, zum anderen werden die Schüler aufs selbstständige wissenschaftliche Arbeiten an Universitäten vorbereitet. Kein Wunder, dass für diesen Berg an Arbeit ein starkes Team gefragt ist. Deshalb freuen sich die 45 Ehrenamtlichen auch über weitere Unterstützung. „Man kann nicht von jedem erwarten, hier so viel zu tun wie wir – wir sind auch dankbar
für Eltern, die nur zwei Stunden in der Woche kommen und damit eine Schicht übernehmen“, sagt Sabine Kröbel. Da Schüler, und somit ihre Eltern, kommen und gehen, herrsche ständig Fluktuation in der fleißigen Truppe. In diesem Schuljahr sind gleich mehrere Eltern neu dabei, unter anderem auch eine Mutter
von der Realschule, worüber sich alle sehr freuen. Auf dem Dienstplan, den Doris Althaus erstellt, sind „die Neuen“ rot markiert – und so verteilt, dass sie
immer mit erfahrenen Kollegen zusammen arbeiten. Allein das Erstellen des
Dienstplans ist eine kleine logistische Leistung. Schließlich müssen die Arbeitszeiten der Eltern und auch die Unterrichtszeiten ihrer Kinder berücksichtigt werden. In Zukunft soll das M@Z noch ein Stückchen größer werden. Denn der Plan ist, es um die Fläche des Nebenraums zu erweitern. Ein
Leuchtturmprojekt sei das Arbeitszentrum, das sich aus einem Medienbeitrag
der Schüler und aus Spenden finanziert, allerdings schon jetzt, wie die Ehrenamtlichen betonen. „So etwas gibt es nicht an jeder Schule“, sagt Andrea Preuten-Schlüter. Die Sekundarschule in Wetter wolle ein ähnliches Projekt
aufbauen, erzählen die Ehrenamtlichen. Dafür seien Hospitanten am Herdecker Gymnasium gewesen, um sich abzuschauen, wie man es richtig macht. 7500 Ausleihen im Jahr seien eine stolze Summe für eine Schulbibliothek. Da sind sich alle Ehrenamtler einig.

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12. Januar 2106