Gedichte mal anders


Workshop mit Oliver Steller zum Thema „Lyrikvertonung“ an der Friedrich-Harkort-Schule

Oliver Steller, laut FAZ die „Stimme deutscher Lyrik“, ist Musiker und Rezitator. Mit seiner Gitarre namens „Frieda“ tritt er normaler Weise vor großen Massen von Kindern und Jugendlichen auf, mit dem Ziel, Gedichte durch einen lebhaften Vortrag zum Leben zu erwecken statt sie zu verkopft anzugehen oder gar analytisch „auszuweiden“.

Die Friedrich-Harkort-Schule betrat Oliver Steller am Freitag, den 12.06. mit „Gretel“, der leiseren Schwester von „Frieda“. Im dem vergleichsweise kleinen Kreis musikbegeisterter Schülerinnen und Schüler – hauptsächlich der Musik-Grundkurse der Jahrgangsstufe 11 (Q1) – wurde er freundlich empfangen. Nach kurzer Vorstellungsrunde konnte der von Rainer Hatzky (Bürgerstiftung) und Sabrina Heising (Musik-/Deutschlehrerin an der FHS) initiierte Workshop beginnen.

„Und nun sollen seine Geister auch nach meinem Willen leben.“

Nacheinander trugen die Schüler ihre Lieblingsgedichte vor. Von Klassikern der deutschen Literatur wie Goethes „Zauberlehrling“ oder Rilkes „Der Panther“ über die amerikanische Dichterin Emily Dickinson, bis hin zu Joachim Ringelnatz, Heinz Erhardt und moderner Alltagslyrik (z.B. „Handy am Abgrund“) war alles dabei. Oliver Steller half den Schülern  da und dort etwas auf die Sprünge, ließ sie in Bezug auf Artikulation, Sprechhaltung und Gestus mit den Texten experimentieren und warm werden.So war das Eis schnell gebrochen, jedoch juckte es bereits einigen Schülern in den Fingern, schließlich hatten sie Instrumente mitgebracht.

„Stop all the clocks, cut off the telephone“

Nach einer durch Musik und Geräusche illustrierten Präsentation zweier Schülerinnen kristallisierte sich das Gedicht „Funeral blues“ von W. H. Auden als Lieblingsgedicht der Gruppe heraus. Ein Schüler schnappte sich die Gitarre und forderte damit alle zum Musikmachen auf. Oliver Steller ließ sich anstecken, zog nach und gab auf „Gretel“ ein einfaches Akkordmuster und einen Groove vor. Schon bald konnte eine flächige, getragene Geigenstimme ergänzt werden. Das Keyboard übernahm den Part des E-Basses, die Cajon den des Schlagzeugs. Die ersten beiden Zeilen des Gedichts wurden gesanglich experimentierend erarbeitet und zu einem zweistimmigen Liedsatz verfeinert. Der Anfang war gemacht und ließ sich hören. Doch nicht alle Teile des Gedichts waren so einfach zu vertonen. An einigen Stellen konnte man sich musikalisch die Zähne ausbeißen. Aber warum nicht einzelne Verse sprechen und musikalisch begleiten?

Nach einigen Improvisationsübungen entstand am Ende eine gelungene Version der ersten und dritten Strophe. Zum Schluss gab es positives Feedback: Nette, ungezwungene Atmosphäre und ein ansprechendes Ergebnis. Der Vorschlag Oliver Stellers, die Vertonung abends im Rahmen seines Morgenstern-Konzerts in der Dr. Carl Dörken Galerie zu präsentieren, wurde begeistert aufgenommen. Der gemeinsame Auftritt mit dem professionellen Musiker bildete den Höhepunkt des Tages und kam auch beim Publikum gut an.

Workshop, Konzert und gemeinsamer Auftritt rundeten das Schuljahr für die Musikkurse auf eine sehr gelungene Weise ab, denn ab Montag fährt die Jahrgangsstufe 11 auf Studienfahrten nach London und Prag, danach gibt es dann schon bald die Zeugnisse. Ein herzlicher Dank gilt der Werner Richard – Dr. Carl Dörken – Stiftung, durch die der Workshop und Konzertbesuch gefördert wurden.