MINT-EC-Camp der Friedrich-Harkort-Schule Herdecke bringt SchülerInnen und Schüler aus ganz Deutschland zusammen

Ein etwas anderer erster Schultag nach den Osterferien erwartete in der vergangenen Woche 20 SchülerInnen aus ganz Deutschland und sogar einer deutschen Schule aus den USA: Sie waren TeilnehmerInnen des ersten MINT-EC-Camps, das die Friedrich-Harkort-Schule in Herdecke gemeinsam mit dem Gymnasium Holthausen aus Hattingen veranstaltete. Beide Schulen sind Teil von MINT-EC, dem nationalen Excellence-Schulnetzwerk, das Schulen für besondere Leistungen in der Förderung der so genannten MINT-Fächer Mathe, Informatik und den Naturwissenschaften auszeichnet. 
Unter dem Motto „Vom Erz zum Hightechprodukt“ verfolgten die Jugendlichen im Alter von 16 bis 18 Jahren gemeinsam mit den MINT-Koordinatoren Florian Picht und Christina Philippi (beide FHS) sowie Sabine Schmidtseifer-Sürig (Gymnasium Holthausen) den Weg des Stahls ausgehend von der Bereitstellung der für dessen Herstellung benötigten Energie über die Gewinnung des Roheisens bis hin zur Veredlung und zum Schutz des Endproduktes vor möglicher Korrosion – ein Thema, für das das Ruhrgebiet natürlich geradezu prädestiniert ist und zu dem die beiden Schulen und ihre Kooperationspartner mit einem abwechslungsreichen Programm aufwarteten. 
Nach einer mitunter abenteuerlichen Anreise begann das Camp am Montag Nachmittag mit einem Besuch des Herdecker Koepchenwerks, einem früheren Pump­speicherkraftwerk und heutigen Industriedenkmal. Das nacheinem Visionär der Energie­wirtschaft, Arthur Koepchen, benannte Kraftwerk der heutigen RWE sorgte seinerzeit (Bauzeit 1927-1930) für einen Quantensprung in der Elektrizitätsbranche, zumal es durch die Gewinnung von elektrischer Energie mittels Wasserkraft die Auslastung und Wirtschaftlichkeit von Kohlekraftwerken maßgeblich verbesserte. In Bedarfszeiten konnte es das zuvor in dem großen Speicherbecken oberhalb der Hügelkuppe gespeicherte Wasser in riesigen Rohren den Hang hinablaufen lassen, um so mit Hilfe von Generatoren die gespeicherte potentielle Energie in elektrische Energie umwandeln zu können. Was weniger bekannt ist: Auch der Hengsteysee unmittelbar unterhalb des Koepchenwerks ist nicht natürlichen Ursprungs, sondern Teil des Unterbeckens des Pumpspeicherkraftwerks. Unter der Führung von Ludger Gochermann und Manfred Sievers hatten die Teilnehmenden des Camps nicht nur Gelegenheit, die alten Turbinen und Generatoren ausführlich zu besichtigen, sondern auch den beschwerlichen 160m-Aufstieg über die Stufen entlang der markanten Druckrohrleitungen zu wagen, die heute von Weinbergen gesäumt sind. Hierfür wurden Sie mit einem herrlichen Ausblick über das Werk, den See und Teile von Herdecke belohnt. 

Auch der zweite Camptag war nicht weniger spannend. Es ging in das Deutsche Bergbau­museum in Bochum und auf die Spur des schwarzen Goldes des Ruhrgebiets, das zu seinem Höhepunkt im Jahr 1939 in bis zu 151 Zechen gefördert wurde. Während der Anblick eines Förderturms für Kinder des Ruhrgebiets auch nach deren Schließung noch allgegenwärtig sein dürfte, gab es tatsächlich Teilnehmende, für die der Besuch einer Zeche völliges Neuland bedeutete. Umso spannender gestaltete sich die Fahrt „unter Tage“ mittels des Simulators eines Förderkorbs in den unterirdischen Nachbau von Teilen eines Bergbaustollens aus den unterschiedlichen Jahrzehnten der Kohleförderung. Hier erfuhren die Camp-Teilnehmer von Professor Rudolph von der TH Georg Agricola allerlei über die Geschichte des Bergbaus, das Leben der Bergleute, ihre harten Arbeits­bedingungen unter Tage und die Ewigkeitsaufgaben des Nachbergbaus, wie das kontinuierliche Abpumpen des entstehenden Grubenwassers. Nach einer kulinarischen Stärkung unternahmen die Schüler­innen und Schüler als zweiten Teil des Tages angeleitet dann selbst geophysikalische Untersuchungen, z. B. um die Bodenbeschaffenheit zu über­prüfen, alte Bergstollen aufzuspüren oder Veränderungen der Bodenoberfläche frühzeitig feststellen zu können. 

Am Mittwoch machte die Gruppe einen Ausflug zur Henrichshütte in Hattingen. Herr Friedrichs nahm die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Camps mit auf den Weg des Eisenerzes, das mit Hilfe von großer Menge Steinkohle – hier schließt sich der Kreis – im Hochofen in Roheisen um­gewandelt wird. In der Schaugießerei konnten die Jugendlichen zudem mit anschauen, wie flüssiges Metall zu Figuren gegossen wird. Ihre Erkenntnisse zum Hochofenprozess stellten sie abschließend dann in Form selbst gedrehter Stopp-Motion-Videos dar, bevor es als Abschluss des Tages mit Herrn Friedrichs als Guide auf eine mitreißende Tour durch die Hattinger Innenstadt ging.

Von vielen Teilnehmenden als Highlight der Woche empfunden wurde der Praxistag bei der Firma Dörken. Herr Kleyer und Frau Hardt hatten mit ihrem Team aus auszubildenden und mitarbeitenden Dörkianern ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, das den MINT-interessierten Schülerinnen und Schülern anschaulich und praxisnah die Bedeutung und Funktions­weise von Korrosions­schutz vermittelte. Von Ihnen erfuhren sie nicht nur, welche Möglich­keiten es gibt, Gegenstände des täglichen Gebrauchs vor Korrosion zu schützen, son­dern sie lernten auch die einzelnen Schritte kennen, die hierfür in der Durchführung nötig sind. Dabei erhielten sie die Gelegenheit, diese auch selbst auf Bleche und Schrauben anzuwenden, die Metalle entsprechend vorzubehandeln und schließlich den gewünschten Korrosionsschutz zu applizieren. Die so behandelten Metallgegenstände wurden dann im Anschluss natürlich auch auf Herz und Nieren auf ihre Beständigkeit hin überprüft und mancher Teilnehmer staunte nicht schlecht, was wenige Stunden in der Salzsprühkammer einem ungeschützten Metallgegenstand anhaben können. 

Doch alles hat ein Ende: Der letzte MINT-Camp-Abend fand einen gemütlichen Ausklang im Blue Jay, zu dem Organisatoren, Teilnehmende und Dörkianer in netter Runde noch einmal gemeinsam die Erlebnisse der letzten Tage Revue passieren ließen.

Möglich gemacht wurde das Camp nicht nur durch die Unterstützung der Koope­rationspartner, die die beiden Schulen mit ihren Teams bei der Planung und Durchführung der einzelnen Thementage tatkräftig unterstützten. Ein besonderer Dank gilt insbesondere auch den Spon­soren: der Werner-Ruberg-Stiftung, der Karl-Kolle-Stiftung, der Werner Richard-Dr. Carl Dörken-Stiftung sowie der Dr. Reuter-Dr. Strater-Stiftung. Diese ließen die Teil­nehmerinnen und Teilnehmer zum Abschluss am Freitag im Rahmen einer gemeinsamen Präsentation mit zahlreichen Bildern an den Ergebnissen ihrer Arbeit teilhaben. Die Friedrich-Harkort-Schule und das Gymnasium Holthausen bedanken sich bei allen Teilnehmenden und Förderern und sind sich einig: Das ist sicher nicht das letzte MINT-EC-Camp gewesen, das die beiden Schulen begeisterten MINT-Interessierten anbieten wollen!

  • Was genau ist ein MINT-EC-Camp?

    Dies sind Veranstaltungen, die über die Mitglieder des nationalen Excellence-Schulnetzwerkes MINT-EC organisiert und angeboten werden. Im Vordergrund steht dabei die Zielsetzung einer hochkarätigen Förderung interessierter und begabter Schülerinnen und Schüler.

    Bei den MINT-EC-Camps handelt es sich in der Regel um mehrtägige Veranstaltungen. Sie bieten eine hervorragende Gelegenheit vertiefte Einblicke und praktische Erfahrungen zu verschiedenen MINT-Themen sammeln zu können und somit die Begeisterung für diesen Bereich zu stärken. Die Durchführung erfolgt oft in Kooperation mit Unternehmen, Universitäten, Forschungsinstituten und anderen Bildungseinrichtungen. Durch eine große Themenvielfalt wird sichergestellt, dass die individuellen Interessen der angehenden MINT-Enthusiasten vielfältig abgedeckt werden können.

    Die Organisation und Durchführung der MINT-EC-Camps ist ebenso variabel. So können sie unter anderem Workshops, fachliche Vorträge, Experimente und Projektarbeiten beinhalten. Dies gibt den Teilnehmenden nicht nur die Möglichkeit ihr theoretisches Wissen zu erweitern, sondern auch wertvolle praktische Fähigkeiten in den MINT-Fächern zu entwickeln. Darüber hinaus erhalten die Schülerinnen und Schüler ausreichend Gelegenheit sich schon frühzeitig mit Fachexperten zu vernetzen und mit Gleichgesinnten in den Austausch zu gehen. Nicht zuletzt bietet ein solches Camp auch weitreichende Einblicke in verschiedene Berufsfelder und kann so als wichtiger Baustein für die eigene Karriereplanung dienen. 

    Die Belegung eines MINT-EC-Camps erfolgt über die offizielle Homepage des MINT-EC-Netzwerkes, auf der jeweils detaillierte Informationen zur Organisation und den Inhalten zu finden sind. Die gesamten Kosten für die Teilnahme an der Veranstaltung werden durch Fördergelder getragen, um gleiche Chancen für alle zu schaffen und sicherzustellen, dass finanzielle Hindernisse keine Barriere für talentierte und wissbegierige Schülerinnen und Schüler darstellen.